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Ich habe mir am Samstag ein neues Huhn gekauft. Der Kaufprozess war recht abenteuerlich und irgendwie witzig, weshalb ich ihn gleich schildern möchte. Doch kurz zur Vorgeschichte: Zwei Hühner habe ich schon. Das dritte im Bunde ist leider verstorben und die übrigen zwei sind im Laufe der Zeit immer legefauler geworden. Mit mehr als einem Ei pro Woche kann ich nicht rechnen. Daraus resultierte mein Wunsch, mir ein neues drittes Huhn zuzulegen. -Eines, das zuverlässig Eier legt. Allerdings wusste ich nicht so recht, wo ich es herbekommen soll. Also habe ich es auf die lange Bank geschoben, und bald ist mein Vorhaben wieder in Vergessenheit geraten.

Doch am Wochenende war es endlich soweit. Ich musste nicht einmal irgendwo hinfahren, der Geflügelhof kam praktischerweise zu uns ins Dorf. Bis ich deren knallgelben Aushang mit Ankündigung der Verkaufstour am Schwarzen Brett entdeckte, wusste ich nicht einmal, dass es so etwas wie einen mobilen Hühnerverkauf gibt. Wenn man jedoch bedenkt, wie weit ab vom Schuss (im fernen Sachsen-Anhalt) der Geflügelhof liegt, kann man nachvollziehen, dass die Betreiber lieber zum Kunden fahren, als möglicherweise vergeblich auf Kunden zu warten.

Zu 13.15 Uhr war der Verkaufswagen angekündigt, gekommen ist er kurz vor zwei. Mit mir zusammen warteten noch zwei Herren und ein Kind. Alle drei wesentlich geduldiger als ich, weil sie das Prozedere und die damit verbundene Verspätung offenbar schon kannten. Tatsächlich hatten sie sogar schon eine Bestellung aufgegeben und einen Bollerwagen dabei, mit dem sie sage und schreibe gleich zehn Hühner wegtransportieren wollten. Schließlich kam der Kleintransporter angebraust, direkt vor uns blieb er stehen und öffnete seine Luke: Zum Vorschein kamen erstaunlich viele unterschiedliche Hühner auf engstem Raum. Man drückte meiner Tochter und mir einen Zettel mit den verfügbaren Rassen in die Hand und wir entschieden uns kurzerhand für ein graues Huhn, das sich Königsberger nennt. Das trug Malena auf dem Arm nach Hause. Es hielt zum Glück ganz still. -Ein liebes Huhn von zurückhaltender Schönheit. Ich schloss es sofort in mein Herz. Die beiden Zwerghühner beäugten den Neuzugang sehr erstaunt, schienen das Huhn aber zu tolerieren. 

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Das änderte sich allerdings tags darauf, als ich beobachten musste, wie die beiden Zwerge abwechselnd auf das Königsberger einhackten. Weil ich mir das nicht allzu lange ansehen wollte, ließ ich die Zwerghühner aus dem Stall, während das neue Huhn in der Voliere verharren und in Ruhe seine Körner aufpicken sollte. Mit der Ruhe war es jedoch schon bald vorbei, denn nun patrouillierten die Zwerghühner abwechselnd um den (verschlossenen) Hühnerstall und versuchten sogar, das Königsberger Huhn durch den Maschendraht hindurch zu picken. Dazu veranstalteten die ansonsten so ruhigen Hühner einen mordsmäßigen Lärm. Es war der reinste Psychoterror. Das Königsberger Huhn tat mir entsprechend leid. Ich fühlte mich schuldig, weil ich es erst in diese Situation gebracht hatte. Asche auf mein Haupt. 

Glücklicherweise ließ sich das Königsberger Huhn trotzdem nicht vom Eierlegen abhalten. Es zog sich einfach ins Häuschen zurück und ging seinem Geschäft nach. Die beiden Alteingesessenen unterbrachen ihren Terror derweil nicht. Besonders das braune Zwerghuhn, das selbst lange Zeit von seiner schwarz-weißen Artgenossin gemobbt worden ist und darauf stets mit Unterwürfigkeit und Angst reagiert hatte, steigerte sich enorm in dieses Abwehrverhalten hinein. Es schrie, flatterte wild mit den Flügeln und ließ nichts unversucht, den Neuankömmling anzugehen. Offenbar witterte es seine Chance, in der Hackordnung endlich einmal nicht ganz unten zu stehen. Wie heißt es so schön?: Aus Opfern werden Täter.  

Bislang mochte ich meine Zwerghühner, aber nun erinnerten sie mich schon stark an diese armseligen Kreaturen, die vor Flüchtlingsunterkünften demonstrieren oder gar Anschläge darauf verüben. Es war kaum zu glauben, aber ich musste mir eingestehen, dass ich mich in den beiden getäuscht hatte: Friedfertig sind die Zwerge nur, solange kein fremdes Huhn in ihrem Stall steht. Das neue Huhn hat zum Vorschein gebracht, was im Kern schon immer in ihnen steckte: kleine Nazis. Und dabei hatte ich angenommen, ich täte ihnen einen Gefallen, indem ich einen Ersatz für ihre verstorbene Freundin beschaffe.  

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Zwar ist mir bewusst, dass die Hühner lediglich ihren angeborenen Instinkten folgen und man ihnen keine Boshaftigkeit vorwerfen kann, trotzdem spiele ich nun ernsthaft mit dem Gedanken, zumindest das braune Zwerghuhn dem Fuchs auszuliefern. Es legt ohnehin keine Eier, so hätte sein Tod immerhin noch einen Sinn (wenn mich nicht alles täuscht, bekommen Füchse derzeit Nachwuchs und freuen sich bestimmt über jede erdenkliche Nahrungsquelle). 

Humaner wäre es natürlich, wenn ich einfach noch ein Königsberger Huhn kaufe, damit wäre das Kräfteverhältnis jedenfalls ausgeglichen. Leider kommt der Geflügelwagen erst in einem Monat wieder vorbei. Halte durch, Königsbergerin! 

Verstärkung ist in Sicht…

MM


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