Ein Haus ohne Terrasse wirkt unvollständig. Zumindest kam es mir damals so vor, als wir unser Haus bezogen haben und feststellten, dass der Bauträger keine Terrasse dazugebaut hatte. War im Preis schlicht nicht inbegriffen (blöd nur, wenn man den Kaufvertrag nicht richtig liest…).
Fortan lebten wir also ohne Terrasse. Das geht bis heute erstaunlich gut. Unsere Gartenmöbel stellen wir einfach auf den Rasen. Keine Terrasse zu haben, bietet dabei den entscheidenden Vorteil:
dass man sich in jede Ecke des Gartens setzen kann.
Garten ohne Terrasse: eine Momentaufnahme
Nach Lust und Laune, Stand der Sonne, Windrichtung- und geschwindigkeit, Schattenfall und bevorzugter Pflanzenwahl sitze ich mal vorm Haus, mal dahinter, oder daneben, näher beim Nachbarn oder weiter weg. Wir haben fast überall Rasen, das erleichtert den Umzug 😉
Mein Bedürfnis nach einer echten Terrasse direkt am Haus wurde mit der Zeit immer schwächer, obwohl wir sogar zwei schöne, große Terrassentüren aus Glas haben, so dass wir auch bei schlechtem Wetter einen tollen Blick in den Garten genießen.
Ich vermisse nichts. Wenn ich früher in Berlin in den Park gegangen bin, um die Sonne zu genießen, habe ich mich schließlich auch einfach ins Gras gelegt, statt darauf zu warten, dass eine Terrasse vor mir auftaucht.
Zudem ist es deutlich günstiger und weniger aufwendig, eine Rasenfläche vorm Haus anzulegen, anstatt eine Terrasse zu bauen.
Aus ökologischer Sicht ist es sogar von Vorteil, keine Terrasse zu haben, weil man nicht zur zunehmenden Bodenversiegelung beiträgt:
Bodenversiegelung bedeutet, dass der Boden luft- und wasserdicht abgedeckt wird, wodurch Regenwasser nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen versickern kann und auch der Gasaustausch des Bodens mit der Atmosphäre gedrosselt wird. (Quelle: Umweltbundesamt)
Okay, dieses Argument ist scheinheilig, da ja bereits unser Haus zur Bodenversiegelung beiträgt. Zudem wäre noch unser PKW-Stellplatz zu nennen sowie die Zufahrt zum Haus – alles gepflastert und folglich versiegelt. Nun ja, wir können es im Hinterkopf behalten, sofern es tatsächlich zum Bau einer Terrasse kommt: Dann könnte man über ökologische Bauweisen nachdenken…
Seit geraumer Zeit reden nämlich die verschiedensten Bekannten und Verwandten auf uns ein, dass wir doch endlich mal eine Terrasse bauen sollen. Aber wozu? Wieso braucht man eine Terrasse?
Welche Vorteile bietet eine Terrasse gegenüber keiner Terrasse?
Was sagen meine Mitmenschen – unsere Bekannten und Verwandten – dazu? Ihr bislang gängigster Hinweis lautet:
Eine Terrasse ist wie ein nach draußen verlagertes Wohnzimmer. Inklusive Überdachung kann man darauf bei fast jeder Wetterlage sitzen und… äh… sich unterhalten oder essen oder so.
Hmmmm, ich bin eigentlich sehr zufrieden mit Größe und Beschaffenheit unseres Wohnzimmers. Doch zugegeben, wenn sich mal viele Gäste einfinden, herrscht Platzmangel. Bislang sind wir deshalb einfach näher zusammengerückt, was nie zu Beschwerden führte. Doch wer weiß, vielleicht fühlen sich die Gäste draußen wohler?
Man stellt sich das ja immer so romantisch vor, eine Terrasse zu haben:
Beleuchtet von Lichterketten sitzt man allabendlich bei einem Glas Wein zusammen, es ist still und friedlich. Man lehnt sich zurück und genießt die Ruhe… Die Wirklichkeit sieht natürlich anders aus:
a) Du kannst dich nicht entspannen, weil du ständig nach Mücken schlägst.
b) Sofern du Mückenspray benutzt, sitzt du in einer Dunstwolke chemischen Gestanks.
c) Hinzu kommen Rauchschwaden aus Nachbars Garten, weil der die Zeit nutzt, um seinen Papiermüll in der Feuerschale zu verbrennen.
d) Von Ruhe keine Spur, weil der hyperaktive Sohn der Nachbarin zusammen mit seinen Freunden ohne Unterlass auf seinem Trampolin herumspringt und dabei Ball spielt. Da das Trampolin genau an deiner Grundstücksgrenze steht, fliegt dir natürlich ständig der Ball um die Ohren, begleitet vom immergleichen Ruf: „Kannst du mir den Ball zurückwerfen, bittääää?“ (Diese Frage hörst du nun im Fünfminutentakt, bis du entnervt ins Haus fliehst, wo du den Fernseher anschaltest und eine Folge deiner Lieblingsserie guckst, um wieder runterzukommen.)
e) Von Ruhe keine Spur, weil deine Nachbarn natürlich ebenfalls auf ihren Terrassen sitzen, grillen, rauchen und saufen und mit ihren Bauarbeiterkumpels Wettbewerbe im Rülpsen veranstalten (Wer kann am lautesten und ausgedehntesten?). Dabei stieren sie die ganze Zeit zu dir herüber, bis dein Verlangen, einen Sichtschutzzaun zu errichten, unermesslich groß wird. Leider geht das nicht von jetzt auf gleich. Deshalb fliehst du ins Haus, wo du… (siehe oben).
So viel zur traurigen Realität. Dies sind nur einige wenige persönliche Erfahrungen. Mit Sicherheit gibt es noch etliche mehr. Dabei wollte ich eigentlich auf die Vorteile einer Terrasse zu sprechen kommen. Thema verfehlt? -Nein, hier kommen sie:
Vorteile einer Terrasse:
- steigert den (Wiederverkaufs-)Wert einer Immobilie
- der Stuhl kippelt nicht und der Tisch steht gerade
- behinderten- und altersgerecht
Ich muss gerade an einen entfernten Bekannten denken, einer, der nicht nachvollziehen konnte, weshalb wir aufs Land ziehen. Wozu braucht man denn ein Haus?, fragte er entgeistert. –Tja, hm, weil man dann einen Garten hat, in dem die Kinder spielen können, antwortete ich zögerlich. Ein Garten macht doch bloß Arbeit, mehr nicht, meinte er, zufriedener Besitzer einer Eigentumswohnung in Berlin. Wenn ich raus in die Natur will, fahre ich an den Wannsee und setze mich in mein Segelboot.
Mittlerweile verstehe ich, was er mir damals sagen wollte. Wenn ich raus in die Natur will, dann jogge ich durch den angrenzenden Wald oder unternehme eine Radtour. In meinen Garten setze ich mich jedenfalls selten. Irgendwas kribbelt und krabbelt da immer und von irgendwoher dringen stets nervige Geräusche, Stimmen von Leuten, die ich nicht mag, Rasenmäher, die unermüdlich ihre Runden drehen, oder Bagger, die gerade die Erde ausheben für eine neue Terrasse. Nun ja, immerhin weiß ich mein eigens gepflanztes Grün zu schätzen, wenn ich aus dem Fenster schaue.
Komischerweise nerven mich die Geräusche in öffentlichen Parks und Gartenanlagen überhaupt nicht. -Vielleicht, weil man die Möglichkeit hat, sich einen anderen Platz zu suchen? Und Platz gibt es dort wirklich genug. In deinem Garten bist du hingegen fixiert – auf deinen Garten. Es gibt kein Entrinnen.
Umgehört: Was die anderen meinen
Mein Artikel nimmt kein Ende. Jetzt wage ich es auch noch auf einen anderen Artikel zu verweisen. „Wir und das Hüsli“ heißt er und ist kürzlich in der Zeit erschienen. Besonders interessant fand ich einige der Kommentare darunter, aus denen ich an dieser Stelle zitiere, obwohl ich mich ein wenig um die urheberrechtlichen Bestimmungen sorge…:
Ich frage mich, wann ist es soweit, dass es überhaupt keine erschlossenen und bebaubaren Grundstücke mehr gibt; der Flächenfrass für diese Art der Bebauung ist extrem – endlose Bodenversiegelung, zumal ohne Ausgleich bei den Grün- und Ackerflächen, von denen jährlich tausende Hektar für diese Form von Traumverwirklichung verloren gehen. Städte weisen neue Baugebiete was das Zeug hält aus, und kassieren kräftig aber nicht nachhaltig ab.
Es gibt Studien, die zweigeschossige Häuser mit 8-12 Wohneinheiten als die optimale Form für das urbane Zusammenleben der Bewohner aufweist.
M.E. müsste man Häuser ab EG+1.OG und mind. 8 Wohneinheiten bis hin zu 3OGs steuerlich deutlich entlasten, dafür die einzeln stehenden EFHs und Reihenhäuser mit je einer Wohneinheit stärker belasten.
ps. Das Abgebildete Haus der Krattigers scheint auch ein Reihenhaus zu sein, die graue Terrassenödnis davor ist so typisch kahl und steril.
Nicht nur in Reihenhaussiedlungen findet man diese Terrassenödnis… 😉
Die „Krattler“ – wie man mancherorts so sagt. Die überall herumjammern, dass sie gerade gebaut haben. Keine 2 Eiskugeln kaufen wollen für die Kinder – aber ihren stinkenden Uraltdiesel ständig tanken müssen, mit dem sie die Umwelt der anderen durch ihre Pendelei vergiften. Ein paar Euro sparen wollen mit Selberstreichen – und am nächsten Tag die AU wegen Hexenschuss. Nie Zeit für ihre Freunde haben – weils Häusle ihr Freund geworden ist. Oft marode von Anfang an.
Wie wahr, Haus und Garten werden zum besten Freund. Gleich danach kommt der handwerklich begabte Nachbar, den man ständig zum Grillen einlädt, damit er einem schwarz die Einfahrt pflastert und ein Carport zimmert…
Auch in Deutschland leider der Trend: Riesenparkplätze für die Autos, Carport und Gerätehäuser, Thujahecken und Rasen, dazu noch überdimensionierte Terrassen, Grillplatz und dann noch diverse Kunststoffspielgeräte für die Kleinen, nach wenigen Jahren landet das Zeug dann im Müll. Dazu noch schmiedeeiserne Barockzäune. Und das Ganze nennt sich dann Wohnen im Grünen!
Auch wir haben von allen Seiten den Rat bekommen, bloß keine zu kleine Terrasse zu bauen! Vier Meter breit sollte sie mindestens sein und möglichst ums ganze Haus herumgehen…
MM
Auf der Suche nach „Garten ohne Terrasse“ bin ich auf diesen Artikel gestoßen. Und freue mich darüber, dass ich mit meinem Gedanken an einen terrassenlosen Garten nicht alleine bin. Ich überlege weiter an der Umsetzung und durchforste das Netz nach Ideen!
Das freut mich! 🙂
In diesem Sinne finde ich auch die landschaftsgestalterische Idee von Gartenräumen interessant: Man unterteilt den eigenen Garten in einzelne „Räume“, die gestalterisch für sich stehen. Hier könnte man doch auch Sitzecken unterbringen, oder?
LG Anne
Hallo liebe Anne,
ich habe mich grad krümelig gelacht bei diesem Post … vom Trampolin zum handwerklich begabten Nachbarn!
Auch Deine Literatur-Beiträge finde ich super – ich lese ziemlich gern und viel.
Ich freue mich, Deinen Blog gefunden zu haben!
Viele liebe Grüße von Renate
Vielen lieben Dank, Renate, ich fühle mich geehrt!
(Und werde auch mal auf deinem Blog vorbeischauen :))
LG Anne
Mein Nachbar hat sich vor einiger Zeit eine Terrassenüberdachung bauen lassen. ER hat einen wunderbaren Walnussbaum im Garten. Wir geraten manchmal in Streit darüber. Die Blätter des Baumes sind nämlich leicht toxisch, sodass unser Rasen darunter leidet, aber letztlich ist der Nachbarschaftsfrieden wichtiger als der Rasen.
Ich möchte in unserem neuen großen Garten auf jeden Fall einen Bereich mit einer überdachten Terrasse haben. Dieser trennt die Bereiche auch optisch und bietet vor allem auch bei Regenwetter eine tolle Partylocation. Ich werde darauf achten, dass die Terrasse selbst nicht zu klein ausfällt.